Grundlagen der Hospizarbeit

Lindern und begleiten: Die beiden wichtigsten Tätigkeiten unserer Hospizarbeit zur Unterstützung und Betreuung schwerstkranker Kinder und Jugendlicher sind eingebunden in ein Konzept, das auf der pädiatrischen Palliativmedizin sowie den Prinzipien einer modernen Hospizarbeit beruht.
Insbesondere für Personen mit fachlichem Hintergrund und speziellem Interesse an der Kinder-Hospizarbeit bieten wir hier eine Übersicht zu den wichtigsten fachspezifischen Fakten und Themen:

Fachspezifische Fakten

/

Rechte kranker Kinder (WHO)
  • Recht auf bestmögliche medizinische Behandlung
  • Kinder sollen nicht in Erwachseneneinrichtungen betreut werden, sondern in altersspezifischen Institutionen zusammen mit anderen Kindern, die von ihrer Entwicklung her ähnliche Bedürfnisse haben.
  • Recht auf eine angemessene Umgebung mit Möglichkeiten zum Spielen, zur Erholung und zum Lernen
  • Recht auf angemessen geschultes Personal
Strukturen der Kinderhospizarbeit
  • Palliativ ausgerichtete Kinderärzte und Kinderkliniken
  • Pädiatrische Palliativzentren (z.B. Datteln)
  • Pädiatrisch-palliatives Nachsorgeteam (z.B. München)
  • Stationäre Kinderhospize
  • Ambulante Kinderhospizdienste
  • Ambulante Kinderkrankenpflegedienste
Spezialisierte Ansprüche von Kindern auf palliativmedizinische Versorgung
  • § 45 Absatz 4 SGB V: Krankengeldanspruch eines Elternteils bei palliativmedizinischer Versorgung eines Kindes
  • § 43 Absatz 2 SGB V: Sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung für schwerstkranke Kinder
  • §39a SGB: Ambulante und stationäre Hospizleistungen
  • §37b SGB: Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung
Ethische Fragestellungen
  • Wille des Kindes, Wille der Eltern
  • Situationen, in denen erwogen wird, lebensverlängernde Maßnahmen nicht einzuleiten bzw. abzusetzen (Belastung > Nutzen)
  • Situationen, in denen die Verpflichtung zu lebensverlängernden Maßnahmen nicht unbedingt gegeben ist (Finalstadium, Intensivmedizin als Sterbeverlängerung)
  • Kommunikativer Prozess der Entscheidungsfindung mit den Eltern
  • Dissens zwischen Eltern und Ärzten über weitere Behandlungsschritte
Epidemiomologie
  • In Deutschland: ca. 22000 Kinder mit lebenslimitierenden Erkrankungen
  • Im Saarland ca. 300-400 Kinder
  • Bis zu 3000 Kinder und Jugendliche sterben jährlich an den Folgen dieser Erkrankungen
  • 540 Kinder sterben jährlich an Krebs (bei rund 220000 Erwachsenen, die an Krebs sterben)
Konkrete Hilfen durch hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Abklärung der familiären Ressourcen und des Hilfebedarfs (Frühförderung, Integration, hospizlich-palliative Versorgung)
  • Beratung und Unterstützung im Krankheits- und Symptomverlauf bei der pflegerischen Versorgung und psychosozialer wie spiritueller Beistand
  • Unterstützung bei der Entlassung aus dem Krankenhaus
  • Unterstützung bei der ethisch-rechtlichen Entscheidungsfindung (Behandlung, Ernährung, usw.)
  • Organisation und Vermittlung von weitergehenden Hilfen (Hilfsmittel, Leistungsansprüche, medizinische Versorgung, usw.)
  • Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der schweren Erkrankung und dem Krankheitsverlauf
  • Gespräche zu allen Fragen, die die Kinder und ihre Eltern bewegen
  • Anleitung in der häuslichen Pflege
  • Organisation gemeinsamer Aktivitäten mit anderen Betroffenen
  • Koordinierung der ehrenamtlichen Hilfen
  • Unterstützung in der Trauer
Konkrete Hilfen durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Regelmäßige Besuche
  • Zeit für das kranke Kind
  • Zeit für Geschwisterkinder
  • Sitzwache zur Entlastung der Angehörigen
  • Gesprächspartner für die Familie sein
  • Botengänge und kleinere Besorgungen
  • Freizeitaktivitäten
  • Trauerbegleitung
Die Situation schwerstkranker Kinder und ihrer Familien
  • Betroffenheit, Tragik, Sinnfrage
  • Ängste und Vermeidungsreaktionen
  • Rückzug und Isolation
  • Unsicherheit
  • Sprach- und Hilflosigkeit
  • Erkrankung betrifft die ganze Familie
  • Eltern sind Fachleute
  • Kurative Ausrichtung der Medizin
Definition pädiatrische Palliativversorgung
  • Die aktive und umfassende Versorgung von Kindern und Jugendlichen, die an schwersten und Lebenslimitierenden Erkrankungen leiden.
  • Diese Erkrankungen sind, mit physischen, emotionalen, sozialen und spirituellen Problemen verbunden.
  • Ziel ist die höchstmögliche Lebensqualität für das Kind und die umfassende Unterstützung für die Familie.
  • Pädiatrische Palliativversorgung beginnt möglichst bei der Diagnosestellung
Lebensbedrohliche Erkrankungen
  • Lebenslimitierende Erkrankungen, bei denen keine realistische Aussicht auf Heilung besteht und an denen die Kinder oder Jugendlichen mutmaßlich vor Erreichen des Erwachsenenalters versterben werden.
  • Potentiell tödlich verlaufende Erkrankungen, bei denen Heilung nicht grundsätzlich ausgeschlossen, gleichwohl nicht wahrscheinlich ist.
Lebenslimitierende Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter
  • Krebs, irreversibles Organversagen: Kuration möglich bei potentiellem Therapieversagen
  • Zystische Fibrose, Muskeldystrophie: langandauernde, intensive Behandlung zur Lebensverlängerung und Teilnahme an normalen Aktivitäten, vorzeitiger Tod wahrscheinlich
  • Zeroidlipofuszinosen, Mucopolysaccaridosen: fortschreitende Erkrankungen ohne kurative Option
  • Schwere Mehrfachbehinderungen, Zerepralparese: Erkrankungen mit schweren neurologischen Behinderungen, Gefahr von Komplikationen
Spezifikation der pädiatrischen Palliativversorgung
  • Seltene Krankheitsbilder (häufig nur im Kindesalter), nicht selten Mehrfachbetroffenheit in der Familie
  • Unklarer Verlauf, unklare Lebenserwartung
  • Häufig schnelle Tumorausbreitung
  • Häufig lange Dauer der Palliativversorgung
  • Probleme bei der Symptomerkennung
  • Schneller Symptomwechsel
  • Anpassung der medikamentösen Schmerztherapie